Es ist schon bemerkenswert: Bei WrestleMania 34 wird Roman Reigns sein viertes Main Event auf der größten Sports Entertainment Bühne der Welt bestreiten und immer noch wird er von den Zuschauern zumeist gnadenlos ausgebuht. Die meisten Fans, auch in den Arenen, sind mittlerweile „smart“, wissen also über die Hintergründe und Backstage-Entscheidungen bestens Bescheid. Somit wissen sie auch, dass Reigns bereits vor Jahren zum „Auserwählten“ erkoren wurde: Er wird nach John Cena der neue Top-Star der WWE, der neue Poster-Boy und Held der Massen. Die Fans haben das Spielchen aber schnellsten durchschaut.
Roman Reigns bereits einer der erfolgreichsten WWE-Superstars aller Zeiten
Nach einem vielversprechenden Start im „Shield“-Stable wurde Roman Reigns, der rein äußerlich betrachtet alles mitbringt, was ein neues Aushängeschild der WWE mitbringen muss, konsequent heruntergewirtschaftet. Dabei rede ich nicht von den Erfolgen – der „Big Dog“ hat bereits alles erreicht, was man so erreichen kann. Er ist dreifacher WWE World Champion, der neunte „Grand Slam Champion“ in der Geschichte der Company (auch Randy Orton stieg jüngst in diese Liga auf), „Triple Crown Champion“, Royal Rumble Sieger – ja, er durfte sogar den Undertaker letztes Jahr auf seiner eigenen Spielwiese auf dominante Art und Weise besiegen.
Und immer wieder hat die WWE versucht, ihn zwischen diesen Erfolgen durch mal mehr, mal weniger geschickte Booking-Kniffe bei den Fans beliebt zu machen. Alle sind gescheitert. Kurz vor WrestleMania 34 erfolgt der nächste Versuch in der Fehde gegen WWE Universal Champion Brock Lesnar.
Eine zeitgemäße, modern erzählte Geschichte
Lesnar flirtet offenkundig mit der UFC. Vielleicht zu offenkundig? Hier taucht mal ein Gerücht auf, da mal ein Foto mit UFC Chef Dana White – möglicherweise ist es der WWE ganz recht, dass diese Informationen an die Öffentlichkeit gelangen. Vielleicht ist die Company sogar interessiert daran. Die aktuelle Storyline stellt Brock Lesnar als wechselfreudigen, überbezahlten Teil-, und Freizeit-Wrestler dar, der in den Ring marschiert, seinen Job erledigt und nun auch gerne mal einen oder zwei Auftritte absichtlich sausen lässt – eben weil er bestimmte Privilegien hat, oder Vince?
Ich gehe soweit und behaupte, dass wir in diesen Tagen den vielleicht ausgeklügeltsten Versuch seitens der WWE sehen, Roman Reigns bei den Zuschauern zum neuen Helden aufsteigen zu lassen. Es ist eine moderne Art des Geschichtenerzählens, die gekonnt mit den sozialen Netzwerken und den Fans spielt. Geschickt werden Nebelkerzen und Finten platziert, um die so hartnäckigen „Buhmänner“ in den Zuschauerreihen endlich zu „bekehren“ – es ist im Grunde genommen zum ersten Mal wirklich unterhaltsam, dem ganzen Treiben zu folgen. Ich kann mir übrigens nicht vorstellen, dass Lesnar derartig abgeneigt gegenüber einer Vertragsverlängerung ist.
Brock Lesnar & Roman Reigns – Teilzeit-Söldner gegen Vollzeit-Kämpfer
Roman Reigns spielt den kampffreudigen, fokussierten WWE Superstar, der bereits vor WrestleMania die Konfrontation sucht und – ganz wichtig – jede Woche im Ring steht. Er ist – im Gegenteil zu seinem Rivalen – 24/7 „on the Road“, jedes Wochenende mehrfach in Aktion und alle sieben Tage im TV-Programm. Er stellt sich allen Widrigkeiten und schreckt auch nicht davor zurück, Autoritäten wie Kurt Angle oder Vince McMahon anzugehen, nur im Lesnar in die Finger zu bekommen. Das soll bei den Fans ankommen.
Brock Lesnar hingegen ist der unsympathische Söldner, der auf Kosten der Zuschauer macht was er will. Er wird groß für Houseshow Events beworben, seine Matches dauern aber im besten Falle eine Minute. Er gewinnt und gewinnt, egal wie leid die Fans es sind, einen Teilzeit-Akteur als wichtigsten Champion der Liga zu sehen.
Wird die WWE damit Erfolg haben? Wahrscheinlich nicht. Roman Reigns ist auf Lebzeiten dazu verbannt, Cena’esque Reaktionen zu bekommen. Zu festgefahren sind die beiden Parteien WWE und Fans. Möglicherweise hat das „Roman Empire“ eine Chance, wenn es eine gesamte Generation an Zuschauer überleben kann – im besten Falle. Trotzdem ist es gut zu wissen, dass die Verantwortlichen – wenn sie wirklich wollen – noch unterhaltsame Geschichten erzählen können. Geschichten, die das Geschehen im Ring übersteigen, den „modernen“ Zuschauer über mehrere Kanäle in den Bann ziehen und die die Company in der Vergangenheit letztendlich so erfolgreich gemacht haben.